Tagung: Der Bioskopische Raum 

Kunstwissenschaftliche Tagung der Kunsthochschule Kassel 27.04.2017 bis 28.04.2017 in den Räumen der Staatlichen Kunstsammlung Dresden.


 
Programm Lissitzky  Plakat Lissitzky

Auf insgesamt vier thematisch unterschiedlichen Foren haben sich verschiedene namhafte Experten an dem Genius loci, den Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden, Experten und Expertinnen vom 27.-28.4.2017 getroffen, um über die Sinndimensionen bzgl. des Forschungsprojektes zu diskutieren. Zunächst galt es, die für den Raum für konstruktive Kunst relevanten Aspekte zu betrachten: Das Netzwerk für konstruktive Kunst in Dresden, die IKA 1926, Raumgestaltungen der Avantgarde und Museen des 19. Jahrhunderts und der 1920er-Jahre Avantgarde. Allen versammelten Expert*innen wurde dadurch ein Einstieg in die Thematik eröffnet, so dass man sich im Forum 2 auf die wichtigen direkt für den Raum für konstruktive Kunst relevanten Gesichtspunkte in vier Vorträgen erschließen konnte. Von Bedeutung war hierbei nicht nur, dass die Arbeitsergebnisse des Forschungsprojektes vorgestellt wurden, sondern auch die konzeptionellen Unterschiede zwischen der Raumversion in Dresden und in Hannover sichtbar wurden. In diesem Zusammenhang wurde ebenfalls die Autorschaft des Raumes als Problemstellung erhoben, denn in Hannover war an der dortigen Version maßgeblich auch ein Museumskustos beteiligt, während in Dresden allein Lissitzky für die Gestaltung verantwortlich war.

Nach dieser mehrstündigen Vortragsfolge wurde die Möglichkeit zu einer Führung durch eine Villa, in der eine bislang unbekannte Bauhaus-Wandbemalung entdeckt und restauriert wurde. In dieser Villa fand am Abend der Festvortrag statt, den Hans Janssen vom Museum für Bildende Kunst in Den Haag gehalten hatte. Sein Thema war die Malerei von Piet Mondrian: Der niederländische De Stijl-Künstler war der Konkurrent Lissitzkys, der mit einem eigenen aus der Malerei entwickelten Raumkonzept im Auftrage der Dresdner Sammlerin Ida Bienert in Dresden präsent war. Mondrians Raumkonzept war eine Erwiderung auf seinen Künstlerkollegen Theo van Doesburg im Rahmen eines Streits zwischen beiden, ob die Malerei oder die Architektur den Vorrang hatte. Dieser Disput war inhaltlich von großer Relevanz für Lissitzkys Raum, denn auch dort wurde die Kontroverse zwischen Malerei und Architektur aufgeworfen, wobei Lissitzky mit seinem auf Wahrnehmung ausgerichteten Raumdesign eine Lösung präsentierte.

Der Folgetag galt mit seinen Foren 3 und 4 verschiedenen Fallbeispielen von Raumgestaltungen der Avantgarde und deren Restaurierung. Diskussionspunkte waren hierbei die Verfahrensweise einer ‚authentischen Restaurierung‘ sowie die denkmalpflegerischen wie gesetzlichen Aspekte, die es zu beachten gilt. Im Falle des Lissitzky-Raumes wurde auch das Thema ‚Sinn und Zweck von Rekonstruktionen‘ (Forum 4) aufgeworfen. Denn das Projekt zum Lissitzky-Raum zielt ebenfalls auf eine Rekonstruktion des Raumes. Entlang von Fallbeispielen wurden die Formen der Rekonstruktion wie Möglichkeiten von (technisch-medialen) Aktualisierungen von historischen Räumen wie Ausstellungen erörtert.

Das Ergebnis dieser Fachtagung war keineswegs die Beschlussfassung eines programmatischen Textes oder die Beantwortung einer zentralen Fragestellung. Vielmehr galt es, die diversen Frage- und Problemstellung, die im Falle von Avantgarde-Räumen auf der Hand liegen, durch eine Zusammenkunft von Expert*innen zu debattieren. Der Wissens- und Erfahrungsaustausch und die Herstellung eines Netzwerkes waren die zentralen Zielvorstellungen bezüglich der Fachtagung in Dresden.


Eindrücke von der Tagung